"Hocheffizienz"?

Geringe Effizienz eines KWK-Systems und gleichzeitig "hocheffizient" sind kein Widerspruch


Gemäß der RICHTLINIE 2004/8/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 11. Februar 2004 wird "hocheffiziente KWK" als der Umfang der Energieeinsparungen durch die kombinierte anstatt der getrennten Produktion von Wärme und Strom definiert. Energieeinsparungen von mehr als 10 % gelten als „hocheffizient“. Der Internetauftritt von eins legt den Schluss nahe, das Heizkraftwerk Nord sei gemäß dieser EU-Richtlinie "hocheffizient".


Dieser Sachverhalt ist jedoch kein Widerspruch zu vorherigen Aussagen, das Chemnitzer KWK-System weise keine hohe Effizienz auf.

Die unterschiedlichen Ergebnisse resultieren aus unterschiedlichen Referenzsystemen bei der ungekoppelten Erzeugung von Strom und Wärme im Hinblick auf den Wirkungsgrad und die eingesetzten Primärenergieträger  sowie aus den Systemgrenzen, die bei der jeweiligen Betrachtung zugrundelegt werden.

Bei der EU-KWK-Richtlinie werden zur Berechnung der Primärenergieeinsparung harmonisierte Wirkungsgrad-Referenzwerte für die getrennte Erzeugung von Wärme und Strom bei gleicher Primärenergieträgerbasis herangezogen.

Werden jedoch diese Referenzwerte beispielsweise mit Benchmark-Werten für neue Anlagen im Rahmen des Emissionshandels verglichen, ist zu konstatieren, dass die Referenzwirkungsgrade nach der EU-KWK-Richtlinie sehr niedrig, d.h. anspruchslos sind und das Hocheffizienzkriterium als bescheiden eingestuft werden muss. (vgl. Georg Erdmann u. Lars Dittmar, Fachgebiet Energiesysteme – TU Berlin, Technologische und energiepolitische Bewertung der Perspektiven von Kraft-Wärme-Kopplung in Deutschland, März 2010, S. 35).

 

Im Ergebnis schneidet die getrennte Erzeugung von Wärme und Strom beim Vergleich mit der KWK vermeintlich schlecht ab. Oder anders formuliert: die KWK schneidet besser ab, als sie tatsächlich ist.

Demgegenüber ist bei der unter dem Punkt Transformation enthaltenen Untersuchung der durch das HKW Nord bewerkstelligte Versorgungsfall für Strom und Wärme im Jahr 2011 zugrundegelegt worden. Dabei wird der Frage nachgegangen, wie viel Primärenergie bei der getrennten Erzeugung von 780 GWh Wärme und 800 GWh Strom (Bezugsjahr 2011) eingesetzt werden müsste. Referenzsystem:

  • Beim Strom wird der spezifische Energieeinsatz pro netto erzeugter Kilowattstunde in Deutschland im Jahr 2011 angesetzt.
  • Die Wärme wird in marktgängigen Brennwertkesseln mit konservativem Nutzungsgrad von 88 % erzeugt.

 

Die folgende Bildgalerie (bitte auf das jeweilige Bild klicken) veranschaulicht den Systemvergleich und macht transparent deutlich, dass die getrennte Erzeugung von Strom und Wärme zu Primärenergieeinsparungen in Höhe von knapp 400 GWh (ca. 12 %) gegenüber der "hocheffizienten" KWK führen würde.

Weitere Informationen können Sie hier in der Kurzform sowie in der Untersuchung unter dem Punkt Transformation in ausführlicher Form nachlesen.

 

Fazit:
Eine KWK-Anlage, die nach der EU-Richtlinie als "hocheffizient" eingestuft wird, ist deshalb noch lange nicht effizient im ehrlichen Sinne des Wortes, denn die Kriterien und Vergleichswerte sind so niedrig angesetzt, dass eine Zertifizierung als "hocheffizient" keine große Hürde ist.


Letztlich macht gerade der hier geführte Vergleich mit einem eher anspruchslosen Referenzsystem (s. o.) deutlich, dass die Energieeffizienz des KWK-System in Chemnitz nicht hoch ist.

Und wenn man ein technologisch anspruchsvolleres Referenzsystem basierend auf einem GuD-Kraftwerk i.V.m. Wärmepumpen heranzieht, wird offenkundig, dass das Chemnitzer KWK-System nicht zukunftsfähig ist - schon gar nicht auf der Brennstoffbasis Braunkohle.