Der Energieanbieter LichtBlick hat Stromprodukte von 50 großen Energieversorgern in Deutschland analysiert. Das ernüchternde Ergebnis: Die meisten Produkte der Energieversorger enthalten deutlich mehr Kohlestrom sowie weniger
Strom aus erneuerbaren Energien, als in der gesetzlichen Stromkennzeichnung angegeben ist. Der Strommix der Versorger erscheint also umweltfreundlicher, als er ist. Im Gegenzug wird der
Anteil von Kohle- und Atomstrom in den Stromtarifen künstlich kleingerechnet.
Wie kann das sein? Der Verbraucher zahlt mit der Stromrechnung u.a. die EEG-Umlage. In der Stromkennzeichnung erfolgt die Visualisierung dieses finanziellen Engagements der Stromkunden dadurch,
dass ein fiktiver, der finanziellen Belastung durch die EEG-Umlage entsprechender Anteil an EEG-Strom in der Stromkennzeichnung ausgewiesen werden muss. Dem Verbraucher soll veranschaulicht
werden, dass sein finanzielles Engagement unmittelbar zu einer Verbesserung des Strommixes beiträgt.
Grundlage von LichtBlicks aktueller Analyse war die gesetzliche Stromkennzeichnung, die von den Versorgern zum 1. November 2017 für den Strommix des Jahres 2016 zu veröffentlichen war. Die
Versorger müssen ausweisen, aus welchen Quellen sie die Energie für die Kunden beschaffen und die durchschnittlichen CO2-Emissionen aller angebotenen Stromtarife angeben. Der Haken dabei: jeder
Energieanbieter darf bis zu 45 Prozent nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz geförderten Ökostrom in der Kennzeichnung ausweisen – obwohl die Anbieter diesen EEG-Strom nicht für ihre Kunden
einkaufen.
LichtBlick hat deshalb für seinen Klima-Check errechnet, wie der Strommix der großen Versorger ohne den EEG-Pflichtanteil aussieht und wie hoch der CO2-Austoß des tatsächlich eingekauften Stromes
ist. Den klimaschädlichsten Strom unter den untersuchten Versorgern biete Innogy an. Durchschnittlich 813 Gramm CO2 verursachte jede Kilowattstunde Strom, die die RWE-Tochter mit seinen Tarifen
anbietet, wie die Analyse von Lichtblick ergab. Dies seien 64 Prozent mehr, als auf der Stromkennzeichnung angegeben werden.
Da der Strom von eins nicht in der aktuellen Analyse enthalten ist, konnte nur über eine Nachfrage bei LichtBlick Licht ins Dunkle gebracht werden. Das wenig überraschende Ergebnis:
Ein besonders faden Beigeschmack bekommt dieser Sachverhalt, wenn die Stadt Chemnitz bei ihrer CO2-Bilanz den niedrigeren Wert der Stromkennzeichnung als Emissionsfaktor heranzieht, wie jüngst im
4. Klimaschutzbericht vom
September 2017.
Was folgt daraus als Forderung? Da die derzeitige Stromkennzeichnung quasi auf ein gesetzlich vorgeschriebenes Greenwashing hinausläuft, sollte der Gesetzgeber endlich eine transparente und
ehrliche Stromkennzeichnung einführen, die zu realistischen Werten bei der jeweiligen Stromzusammensetzung und den daraus resultierenden CO2-Emissionen führt.